Dieter Hassler
Die Serologie bei Infektionskrankheiten basiert auf dem Nachweis von Antikörpern. Das sind "Abwehrstoffe", die unser Immunsystem bildet, wenn es einen Krankheitserreger erkennt. Es gibt mehrere Klassen von Antikörpern. Wichtig in der Serologie sind im allgemeinen IgM und IgG-Antikörper.
Die IgM-Antikörper sind "die schnelle Eingreiftruppe", sie werden kurz nach der Infektion gebildet und sind oft nach einigen Wochen oder wenigen Monaten nicht mehr nachweisbar. Die IgG-Antikörper sind das "Langzeitgedächtnis" des Immunsystems. Sie sind oft über Jahre nachweisbar.
Zum Nachweis von Antikörpern werden sogenannte Suchtests verwendet (Enzymimmunoassay = EIA; Immunfluoreszenztest = IFT), die schnell und relativ einfach durchzuführen sind.
Der EIA oder ELISA mißt eine Trübung oder Verfärbung im Reagenzglas. Das Ergebnis wird in Einheiten angegeben, die von Testfabrikat zu Testfabrikat variieren. Es gibt bei diesem Test Zwischenwerte wie 331 oder 334 Einheiten.
Der IFT wird dagegen titriert. Man fängt mit einer Anfangsverdünnung an (z.B. 1 Teil Serum und 40 Teile Wasser, also 1:40) und testet eine Farbreaktion. Ist das Ergebnis positiv, wird auf 1:80 verdünnt. Ist es wieder positiv, folgt der Test mit der Verdünnung 1:160, 1:320 und so weiter. Zwischenwerte gibt es nicht. Das Ergebnis lautet also "1:640 positiv", wenn bei dieser Verdünnung der Test noch positiv war, bei der nächsten Verdünnungsstufe von 1:1280 aber nicht mehr.
Man kann dieses Vorgehen mit einem Beispiel erklären: Wenn ich in einer Tasse Kaffee die Zuckermenge abschätzen will, kann ich den Kaffee immer weiter verdünnen und ausprobieren, ob er noch süß schmeckt. Das Ergebnis wäre dann: In einer Verdünnung von 1:100 schmecke ich gerade noch etwas Süßes.
Manche der Suchteste, die heute noch auf dem Markt sind, neigen zu falsch-positiven Ergebnissen. Sie unterscheiden also, wenn wir bei unserem Kaffee-Modell bleiben, nicht sauber zwischen Zucker und Süßstoff. Daher hat man einen Bestätigungstest entwickelt, der dies kann: dies ist der typischer Westernblot (links IgG, rechts IgM)
Der Westernblot trennt die einzelnen Borrelien-Antikörper auf. Dies geschieht auf einer Art Papierstreifen, so daß das Ergebnis etwa aussieht wie der Barcode, der in Supermärkten verwendet wird, um die Waren zu kennzeichnen. Die verschiedenen Streifen haben unterschiedliche Bedeutung, manche sind sehr aussagekräftig und nur bei einer Borreliose-Infektion vorhanden, andere sind wenig bedeutungsvoll. Aus dem entstehenden Muster kann man also "zwischen Zucker und Süßstoff unterscheiden". Dazu muß man aber auch wissen, ob es sich um eine ganz frische oder schon ältere Infektion handeln kann.
Wenn der Suchtest (z.B. ein EIA) hochpositiv ist, der Westernblot aber negativ, so handelt es sich also um einen falsch-positiven Suchtest!
Wichtig:
beim Erythema migrans (Stadium 1) sind meist keine Antikörper nachweisbar.
beim Stadium 2 (akute Nervenentzündung, grippeartige Allemeinsymptome) können die Antikörper ebenfalls noch negativ sein.
beim chronischen Stadium sind praktisch immer Antikörper
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